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Im Regionalbereich Stollberg wird es „leiser“: Rolf Herzig geht in Ruhestand

von Sven Schimmel (Kommentare: 0)

Der neue und der "alte" Regionabereichsleiter: Jan Slawski (FF Hohndorf) und Rolf Herzig (FF Niederwürschnitz)
Bildrechte: KJF Erzgebirge/Schimmel

NIEDERWÜRSCHNITZ. Ehrlich gesagt, bei uns gab es eine Art Stromschlag - ganz tief drin, als der ehemalige Kreisjugendfeuerwehrwart des Landkreises Stollberg und heutige Regionalbereichsleiter Stollberg in der Kreisjugendfeuerwehr Erzgebirge, Rolf Herzig, während einer Leitungssitzung aussprach, was sich über Monate schon andeutete: „Jungs, ich stehe im April nicht wieder zur Wahl.“ Jugendfeuerwehrarbeit in der Region, ohne den streitbaren, durchsetzenden und gewiss nicht leisen, aber dennoch korrekten, kaum nachtragenden und humorvollen Kopf war und ist für fast alle Mitstreiter kaum vorstellbar. Viele junge Kameradinnen und Kameraden sind mit ihm groß geworden, in das Feuerwehrleben hineingewachsen, haben sich über seine trockene Art amüsiert, hörten ihm aufmerksam zu und hatten auch schon mal Tränen in den Augen, wenn der Anpfiff mal wieder die Schallmauer durchbrochen hatte.

Und dennoch ist es nun soweit. Mit 62 Jahren sagt Rolf Herzig den Jugendfeuerwehren „Auf Wiedersehen“ und will sich mehr seinem Privatleben widmen. Das ist in den vier Wahlperioden, denen er bis heute in der Kreisjugendfeuerwehr dem Nachwuchs vorstand, sehr oft zu kurz gekommen. Seine Frau, seine Kinder und Enkel brauchen ihn - und er braucht sie. Denn, auch wenn er es nicht offen zugibt, er schließt damit ein großes und prägendes Kapitel seines Lebens ab. Und das tut ihm weh.

Rolf Herzig ist Mitte 1950 in seinem Heimatort Niederwürschnitz geboren worden und steht seit 1964 in Diensten der Feuerwehr des Ortes. Hier lernte er die grundlegenden Aspekte des Feuerwehrwesens und erlebte so manchen schwierigen Einsatz. Sein handwerkliches Geschick führte ihn zwar in eine Ausbildung zum Dreher und Zerspaner, sein Herz hing aber damals schon mehr an der Feuerwehr. Er hatte Glück, konnte sein Hobby, das er mehr als Berufung ansah, zum Beruf machen. Der handwerklichen Ausbildung folgte ein Fachschulstudium in Heyrothsberge und ab 1972 war er als Ingenieur für Brandschutz in der Berufsfeuerwehr tätig. Damals unterstand das Feuerwehrwesen noch der Polizei. Als Instruktor war er u.a. zuständig für die staatlich festgelegten Brandschutzkontrollen in den Betrieben der Region.

1990, mit dem Zusammenschluss der beiden ehemaligen getrennten deutschen Staaten, nahm er seine Tätigkeit im Landratsamt Stollberg auf. Auch hier war es der Brand-, Katastrophen- und Zivilschutz, der seine Tätigkeit prägte. Seitdem ist der Name Herzig untrennbar mit dem Feuerwehrwesen verbunden. Als sogenannter „A-Dienst“, ein Ausrückedienst des Landratsamtes, um an Einsatzstellen die Führung zu unterstützen, traf man ihn ebenso an wie zu den Ausbildungen im Katstrophenschutz. Kein freigestellter Helfer im Katschutz kam an ihm vorbei. Große Übungen standen unter Herzigs Federführung, so manche auch auf recht unkonventionelle Art. Denn Rolf Herzig ist ein Praktiker, kein Freund von theoretischem Gelaber: Funktionieren muss es, ob es in eine Regel passt oder nicht.

Fast auf den Tag genau vor 16 Jahren, 1996, wurde er dann ins kalte Wasser geschubst. Buchstäblich über Nacht gab es im ehemaligen Landkreis Stollberg keinen Kreisjugendfeuerwehrwart mehr. Und Rolf Herzig musste man nicht lange überzeugen: Funktionieren muss es, weitergehen musste es, da kannte und kennt er kein Pardon. Ausgestattet mit einem Hauch von Nichts führte er die Kreisjugendfeuerwehr Stollberg aus dem entstandenen Loch, führte wieder zusammen, was zusammengehört. Mit unglaublichem Engagement und fast schon verbissener Durchsetzungskraft rannte er überall Türen ein, um die Jugendfeuerwehrarbeit voranzubringen. Unter seiner Führung lebte die Wettbewerbstradition in der Gruppenstafette wieder auf, wurden Pfingstwanderungen und Freizeitwochenenden ins Leben gerufen. Doch wehe dem, der nicht mitzog. Ein Mann, ein Wort. Das galt und gilt bei ihm. Auch für Frauen. Abweichler in den Führungsetagen der örtlichen Jugendfeuerwehren waren ihm ein Dorn im Auge. Von wegen 14 Kinder anmelden und nur drei mitbringen… Das brachte ihn auf die Palme und das gesamte Umfeld in den Zwang, sich die Ohren schützen zu müssen.

Lautstärke und Durchsetzungsvermögen machten auch beim Vorstand des Kreisfeuerwehrverbandes nicht Halt. Nicht selten krachte und donnerte es zwischen den Charakterköpfen. Alles zum Wohle der Jugendfeuerwehren, wohlbemerkt. Denn er bekam das, was er wollte und steuerte immer geradlinig auf das Ziel zu. Viele hundert Kinder und Jugendliche konnte er damit glücklich machen, reiste mit ihnen innerhalb und außerhalb Sachsens umher, um faszinierende Freizeitwochenenden zu gestalten oder gab den Jugendfeuerwehrwarten vor Ort seine mögliche Unterstützung. Und auch, wenn Rolf Herzig nicht so erscheint, der Witz und Schalk wohnt in ihm. 1996 wurde er nicht das letzte Mal ins kalte Wasser geschubst, sondern flog auch später immer mal samt Klamotten ins echte Wasser. Jugendfeuerwehrwarte sind eben auch oft noch kleine Kinder - ganz in ihrem Innersten.

Mit der Bildung des Erzgebirgskreises und der feuerwehrinternen Regionalbereiche hatte Rolf Herzig so seine Probleme. Gern hätte er all das Positive aus seinem Landkreis in das neue Konstrukt überführt, doch anscheinend gibt es noch mehr Charakterköpfe in den Reihen der Verbände. Auch hier braute sich so manches Gewitter zusammen, denn Ungenauigkeiten und Kopflosigkeit kann er immer noch nicht leiden. Nur durch sein Durchsetzungsvermögen, das ihm wohl seinen tierischen Spitznamen einbrachte, der aber des Respekts wegen hier nicht genannt werden soll, wurden zahlreiche Nachteile für die Arbeit in den Regionalbereichen von vornherein ausgemerzt und Strukturen so gestaltet, dass eine Arbeit in einem so großen Landkreis sinnvoll wurde. Und bis zuletzt stritt er für die Belange des Regionalbereiches.

Zu Recht also erhielt er bereits die Silberne Ehrennadel der Deutschen Jugendfeuerwehr und im vergangenen Jahr die Verdienstmedaille des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedet sich Rolf Herzig am 21. April 2012 in den Ruhestand. Den Schlussstrich wollte er selbst ziehen. Das hat er nun getan. Er sagt selbst, er sei nicht mehr der Jüngste. Doch die Jugendfeuerwehr hat ihn jung gehalten. Es gab Höhen und Tiefen, aber in seinen Erinnerungen war es doch eine sehr schöne Zeit. Er wünscht sich, dass auch ohne sein künftiges Zutun die Jugendfeuerwehrarbeit genau so intensiv, so qualitativ und mit so viel Freude weiterbetrieben wird und die „Truppenteile“ zusammenhalten. Seine Mitstreiter jedenfalls haben ihm das zugesichert. „Und macht es noch besser!“, grummelte er zum Abschied.

Nein, die Kreisjugendfeuerwehr und vor allem der Regionalbereich Stollberg verlieren keinen Kameraden. Durch sein Wirken hat Rolf Herzig Gleise gelegt, Weichen gestellt und Signale gesetzt, sodass der Zug zunächst problemlos weiterfahren kann. Das ist sein Werk, fast schon ein Lebenswerk. Eine Lücke hinterlässt er darum nicht. Alles ist geregelt. Nur eines wird anders: Der Zug der Jugendfeuerwehr fährt rund um Stollberg jetzt etwas leiser als sonst. Doch Gehör verschaffen wird er sich auch weiterhin.

Die Feuerwehrregion sagt „Danke“ an Rolf Herzig.

Das "Abschiedsvideo"

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